Gut 20 Minuten hatte er mich angeschrien, in immer wieder anderen Worten und dramatischen Blicken deutlich gemacht, dass ich eine Grenze überschritten hatte. Ich hätte seine Autorität untergraben …
Was war geschehen? Ich hatte gesehen, dass das Projekt Schaden nehmen würde, wenn ich der Dienstanweisung meines Vorgesetzten Folge leiste. Da mein Chef nicht greifbar war, aber schnell gehandelt werden musste, übernahm ich die Verantwortung und gehorchte nicht. Die Folgen: Eine Abmahnung drohte – aber das Projekt war in trockenen Tüchern, wurde nicht zuletzt wegen meiner Initiative zum Erfolg (was mein Vorgesetzter wie die Abmahnung unter den Tisch fallen ließ).
Warum erzähle ich Ihnen das? Weil ich immer wieder bei der Arbeit mit Teams bemerke, wie wichtig die Verantwortungsübernahme für den Erfolg des Teams ist.
Den Erfolg verantwortungslos aufs Spiel gesetzt
Die an der Maskenaffäre beteiligten Politiker haben ihrem Team – gelinde gesagt – keinen Gefallen erwiesen. Nicht dem Team ihrer Partei, nicht uns allen als „Team Bürger“.
Sie hatten aber die Verantwortung, sich für ihre Teams einzusetzen. Stattdessen haben sie diese Verantwortung nicht übernommen. Sie haben die Verantwortung ignoriert, um den eigenen Vorteil zu wahren. Oder fühlten sie sich anderen gegenüber stärker in der Verantwortung? Oder, was mir auch den Sinn kommt: Vielleicht gehört der Wert der Verantwortungsübernahme nicht mehr zentral zu den Werten dieser Politiker dazu?
Nun, genug der Politik. Ich erzähle Ihnen davon, weil diese Fragen nach der Verantwortung ebenso zentral dafür sind, in Ihren Teams ein Mindset zu etablieren, das zu Erfolg des ganzen Projektes führen kann.
Das Mindset, das zu Erfolg führt
Was Sie hier im Großen der Politik beobachten können, spielt sich auch in kleineren Zusammenhängen in den Teams in Unternehmen ab. Ein Beispiel aus meinem Umfeld, das ich bezeichnend fand. Zwei Teams arbeiteten an unterschiedlichen Aspekten eines Projektes. Ein Mitarbeiter des einen Teams bekam nebenbei in der Kaffeeküche mit, wie im Partnerteam ein Problem angegangen wird. Ihm war aber aus seinem eigenen Team klar, dass diese Problemlösung infrastrukturell nicht gehen würde. Es machte also keinen Sinn in diese Richtung weiterzudenken. Und was machte der Mitarbeiter? Sprach er mit seinen Kollegen und wies sie auf das hin, was ihm aufgefallen war? Nein.
Er schaute nicht über den Tellerrand seines Teams. Was er entdeckt hatte, gehörte nicht zu seinem Verantwortungsbereich. So sah er das offensichtlich. Und damit sah er nicht, was wirklich verantwortungsvoll für das Unternehmen gewesen wäre. Sein Mindset führte nicht zum Erfolg, weil er Verantwortung zu eng sah. Oder anders herum gesagt: Weil er das Team, für das er sich verantwortlich fühlte, zu klein ansetzte.
Erweitern Sie Ihre Teams
So wie manche Politiker ihr Team erweitern sollten (über Verwandte, Freunde hinaus), für das sie sich verantwortlich fühlen, möchte ich Ihnen raten, in Ihrem Unternehmen die Führungskräfte und Mitarbeiter für einen weiteren Begriff der Verantwortung zu sensibilisieren. Denn die Verantwortungsübernahme über den eigenen Tellerrand hinaus, führt dazu, dass der Sinn und der Erfolg des ganzen Projektes, des ganzen Unternehmens in den Blick gerät und Berücksichtigung findet.
Diese Änderung einer Unternehmenskultur hin zu einer Verantwortungskultur (in einer solchen Kultur wird auch nicht autoritär herumgeschrien) führt zu mehr Erfolg.
Sorgen Sie also dafür, dass Sie und auch Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte bei der Frage, wer was tun muss, immer auch sich selbst mitdenken. Seien Sie Vorbild.
Denn dann entsteht in Ihren Teams eine Kultur des Respekts, der Ergebnisorientierung, der Produktivität, der Verantwortungsübernahme für ein gelingendes Miteinander – und des gemeinsamen Erfolgs. Eine Kultur, die ich mir wünschen würde.
Ihr Ralph Nolte
PS: Wie Sie es schaffen, dass jeder in Ihren Teams mehr Verantwortung übernimmt? Das ist sehr individuell. Eine Methode wird diesem wichtigen Aspekt nicht gerecht. Aber ein Prinzip kann Ihnen hier wichtige Fingerzeige bieten …